Bewusstsein, die Innere Immanenz: Das allumfassende System des menschlichen Geistes

Bewusstsein ist mehr als ein psychologischer Zustand oder eine biologische Funktion.

Dieser Beitrag entfaltet die innere Immanenz des Bewusstseins als allumfassendes System des menschlichen Geistes. Ausgangspunkt ist die grundlegende Relation von Gegebenheit und Phänomen: die unhintergehbare Faktizität der Realität einerseits, und ihre erschließbaren, latenten Strukturen andererseits. In der Phänomenologie, der systematisch-methodischen Analyse dieser Erscheinungen, wird sichtbar, wie sich Bewusstsein prozesshaft bildet und entfaltet – als Selbstgegebenheit, Selbstbezug und dynamische Relation zur Welt.
Die hier entwickelte Perspektive versteht Bewusstsein nicht als Substanz oder Objekt, sondern als emergenten, ontologischen Selbstvollzug: ein Feld innerer Immanenz, in dem Mikro- und Makroebenen des Menschseins verbunden sind, in dem Kohärenz oder Dysregulation entstehen können und in dem Welt und Selbst untrennbar zusammenfallen.

Grundlagen des Bewusstseins – Gegebenheit, Phänomen und Phänomenologie

Um die Strukturen und Dynamiken des menschlichen Bewusstseins und seiner inneren Immanenz zu verstehen, ist es zunächst notwendig, die grundlegende Relation zwischen Gegebenheit und Phänomen zu betrachten.
Gegebenheit ist die tatsächlich vorhandene und wahrnehmbare Grund-Faktizität der Realität, die unbezweifelbar aus der Perspektive des Beobachters oder Begutachters existiert.
Phänomen ist eine Erscheinung oder ein Strukturmerkmal, das aus der sichtbaren Gegebenheit erschlossen wird. Es repräsentiert die inneren, unsichtbaren, latenten oder verborgenen Aspekte der Realität, die analytisch, systematisch und methodisch – insbesondere aus der eigenen Erfahrung und dem eigenen Erleben – aus der Faktizität der Gegebenheit abgeleitet werden.

Eigenschaften:

  1. Abhängigkeit von Gegebenheit: Phänomene existieren nur, insofern die zugrunde liegende Gegebenheit vorhanden ist.

  2. Unsichtbar / latent: Phänomene sind nicht unmittelbar wahrnehmbar; sie müssen systematisch-methodisch erschlossen werden.

  3. Systematisch-methodisch: Phänomene werden durch Beobachtung, Analyse sowie Kausal- und Kontextschlüsse präzise erfasst.

  4. Erschließungscharakter: Phänomene zeigen Potenziale, Wirkungen, Strukturen und Möglichkeiten auf, sowie Risiken, Gefahren und Gefährdungen, die in der Gegebenheit enthalten sind.

  5. Basis für Interpretation: Erst durch die eigene Erfahrung und das Erleben von Phänomenen können individuelle Interpretationen und Definitionen sinnvoll erfolgen.

Phänomenologie ist der analytische, systematische und methodische Aspekt des Eigenstudiums der unsichtbaren Erscheinungen, die aus der sichtbaren Gegebenheit hervorgehen, mit dem Zweck, diese Erscheinungen in allen Details und Merkmalen richtig zu begreifen, präzise zu deuten, zu interpretieren und zu definieren.

Bewusstsein und die innere Immanenz

Bewusstsein entwickelt sich von Anbeginn der Existenz aus dem Austausch von Informationen zwischen wahrnehmbaren Gegebenheiten und der latenten Struktur von Phänomenen und Vorkommnissen der Realität. Es ist die eigene, emergente innere Immanenz, die sich kontinuierlich bildet und entwickelt – getragen von den geistig-körperlichen Kapazitäten, Potenzialen und Fähigkeiten. Dieses Entstehen ist prozesshaft, kontinuierlich und relational: Es beginnt mit der unmittelbaren Präsenz des „Da-Seins“ und erweitert sich durch die aktive Teilnahme an den Angelegenheiten der Umwelt und den eigenen inneren Dynamiken. Hier entsteht die Grundlage für den Aufbau der inneren Immanenz des Bewusstseins, unabhängig davon, ob aufgenommene Informationen oder „Wissen“ der Richtigkeit, Wahrheit, Geltung, Gültigkeit oder Relevanz entsprechen.

Bewusstsein ist der entwicklungsfähige geistig-körperliche Umstand, der im gegenwärtigen Moment anwesend ist und fortlaufend Kapazität, Potenzial, Fähigkeit sowie Informations- und Wissensbestände trägt. Es ist stets im Raum-Zeit-Koordinatensystem verortet und besitzt eine „innere Immanenz“, die sich im inneren Eigenverhältnis und zur äußeren Realität entfaltet.

Innere Immanenz des Bewusstseins ist ein allumfassendes inneres menschliches System, das alle individuellen und singulären Ebenen im Körper auf bestimmte Weise verbindet. Allumfassend bedeutet, dass keine Ebene des Körpers oder des Bewusstseins ausgeschlossen wird. Als inneres menschliches System ist die Immanenz ein geschlossenes, selbstreferentielles Feld, in dem alle Vorgänge miteinander verknüpft sind. Die individuellen und singulären Ebenen reichen von der Mikroebene, wie Informationen, Gedanken über neuronale Prozesse, Zellen, Hormone und Organe, bis zur Makroebene mit Haltung, Bewegung, Ausdruck und Erleben, die gleichermaßen beansprucht und miteinbezogen werden. Die Verbindungen sind nicht neutral, sondern können förderlich oder schädigend wirken.

Das System ist selbstbezüglich; alles, was im eigenem Feld auftritt, existiert innerhalb der Immanenz ohne externen Beobachter. Mikro- und Makroebenen sind miteinander gekoppelt, die Beziehungen zwischen ihnen ändern sich kontinuierlich durch interne Rückkopplungen. Jede Verbindung wirkt binär, stabilisierend oder destabilisierend.

Verlaufsmodi: Wenn die operative Instanz des Geistes die Verbindungen als Vorgaben wahrnimmt und sie nicht eigenständig steuert, kann das System chaotisch und willkürlich wirken; Spannungen, Depressionen, Ängste, Blockaden oder destruktive Schleifen entstehen, die alle Ebenen beeinflussen. Wird die operative Instanz (der individuelle und singuläre menschliche Geist) bewusst aktiv, reguliert sie die Verknüpfungen; förderliche Abläufe verstärken sich, schädigende werden reduziert, wodurch das System kohärent bleibt und auf allen Ebenen harmonisch integriert wirkt.

Jede Information, jeder Gedanke wird innerhalb der Immanenz präsent und ordnet sich relational in das bestehende Netzwerk von Verbindungen ein. Die operative Instanz steuert, welche Verbindungen bearbeitet, abgeschwächt oder modifiziert werden. Diese Auswahl folgt internen Regeln, die aus früheren selbst erfahrenen und erlebten Prozessen hervorgegangen sind, und bestimmt maßgeblich, ob das System förderlich oder schädigend wirkt. Die selektierten Inhalte beeinflussen andere Ebenen, von mikro- bis makroskaligen Prozessen. Veränderungen in einer Ebene erzeugen Anpassungen in den übrigen Ebenen, wodurch die Gesamtdynamik kontinuierlich modifiziert wird. Jede Veränderung wird erneut aufgenommen und bewertet, wodurch ein fortlaufender Zyklus aus Erscheinung, Selektion, Modifikation und Rückkopplung entsteht. Je nach Qualität der Selektion stabilisieren sich kohärente, förderliche Muster, oder es entstehen dysregulative Schleifen.

Die Qualität des Systems hängt entscheidend davon ab, wie die operative Instanz, der individuelle und singuläre Geist, die Verknüpfungen steuert. Bewusste Steuerung fördert Kohärenz, Unachtsamkeit begünstigt Dysregulation. Veränderungen wirken auf allen Ebenen gleichzeitig, und jede Modifikation erzeugt Rückkopplungen, die das gesamte Netzwerk beeinflussen. Das System ist in der Lage, förderliche Vorgänge selbstständig zu stabilisieren, und die operative Instanz kann gezielt eingreifen, um positive Muster zu verstärken und destruktive Schleifen zu reduzieren. Aufgrund der binären Natur können dieselben Mechanismen sowohl aufbauend als auch schädigend wirken, das System ist daher nie automatisch harmonisch, sondern potenziell ambivalent. Die Fähigkeit der operativen Instanz, Verbindungen bewusst zu regulieren, ist entscheidend für die nachhaltige Kohärenz und Integrität des gesamten inneren Systems; fehlende Kontrolle oder unzureichende bewusste Auswahl und Steuerung von Informationen, Gedanken und inneren Prozessen innerhalb des eigenen Bewusstseins können kurz-, mittel- oder langfristig zur Stabilisierung dysregulativer Muster führen. Die Konsequenzen dieser Dynamiken manifestieren sich in Resultaten, die durch Intensität, Häufigkeit und Kumulation der Vorgänge innerhalb des Systems entstehen.

Ontologie, Emergenz und Selbstvollzug des Bewusstseins

Diese innere Immanenz des Bewusstseins entwickelt sich prozesshaft von Anbeginn der Existenz des Bewusstseins über bestimmte dynamische Intervalle der Raum-Zeit-Dimension. Sie ist relational zu verstehen und umfasst:

  1. Unhintergehbare Gegebenheit
    Das unmittelbare „Da-Sein“ – das Bewusstsein ist stets bei sich selbst anwesend, ohne dass es eines Beweises oder einer äußeren Bestätigung bedarf. Diese Selbstgegebenheit ist nicht von außen ableitbar, sondern bildet den Grund, auf dem alles Weitere aufruht.

  2. Selbstbezug und Selbstauslegung
    Bewusstsein ist nicht nur „da“, sondern es bezieht sich auf sich selbst. Es ist hermeneutisch: Es muss sein eigenes Erscheinen deuten, interpretieren, klären und präzisieren. Hier entsteht die Aufgabe, das eigene Sein im Denken, Sprache, Geltung und Gültigkeit zu erfassen.

  3. Relation zur Realität und Umwelt
    Die Immanenz ist nicht isoliert; sie entfaltet sich im Bezug auf Raum, Zeit, Dimension, Information, Körperlichkeit, Mitwelt und Zukunft. Aber dieser Bezug ist immer von innen her vermittelt – durch die Weise, wie das Bewusstsein diese Relationen erfährt, erlebt, priorisiert, deutet und organisiert.

  4. Dynamik und Prozessualität
    Innere Immanenz ist kein statisches Faktum, sondern ein Entwicklungsprozess. Sie umfasst die Bewegung durch Intervalle der Raum-Zeit, das Wachsen von Reife, Potenzialen, Qualifikationen und Fähigkeiten.

  5. Emergenz und Evidenz
    Aus der inneren Immanenz gehen höhere Stufen hervor: neue Qualitäten, neue Sichtweisen, neue Fähigkeiten. Diese Emergenz ist individuell, nicht übertragbar, nicht beweisbar von außen – sondern nur erfahrbar, ergründbar und erkennbar durch das Individuum selbst.

Ein entscheidender Aspekt der Entwicklung ist die Emergenz höherer Seinsstufen (hier geht es nicht um sogenannte Bewusstseinserweiterung, sondern um ebenen der existenziellen Intelligenz): Aus niederen Seinsstufen (dem Allgemeinen) können dynamisch neue Qualitäten, Qualifikationen und Eignungen entstehen (das Besondere). Diese Emergenz ist essentiell individuell – sie hängt von der Obliegenheit, der aktiven Beteiligung und dem graduellen Entwicklungsstand des einzelnen Menschen ab, der erreicht worden ist.

Die Subjektivität der inneren Immanenz, der Emergenz und der Evidenz ist dabei kein bloßes Phänomen, sondern ein hermeneutisches Problem des individuellen menschlichen Bewusstseins. Sie kann nicht formal oder allgemein operationalisiert werden, sondern muss vom Individuum selbst durch aktive Mitwirkung an dem Lebensprozess und Lernprozess erfahren, ergründet und erkannt werden. In diesem Sinne wird die Beweispflicht außer Kraft gesetzt: Die Realität und Gültigkeit dieser Prozesse hängt nicht von externen Nachweisen ab, sondern allein von der individuellen Erfahrung, Entwicklung und Entfaltung des Geistigen Bewusstseins.

Das Bewusstsein ist kein Zustand, keine Substanz und kein Objekt. Es ist die unaufhebbare Selbstgegebenheit des Daseins, in der Gegebenheit und Phänomen zusammenfallen. In ihm tritt die Realität nicht nur vor das Subjekt, sondern wird als inneres Feld erfahrbar, in dem jede Gegebenheit und jedes Phänomen sich aufeinander beziehen. Diese Immanenz ist kein Beiwerk, sondern die Bedingung der Möglichkeit von Welt und Selbst.

Die innere Immanenz des Bewusstseins ist daher nicht „in“ uns wie in einem Behälter, sondern sie ist das Medium, in dem wir sind. Alles, was wir als Information, Gedanken, Körperprozesse, Erfahrungen und Handlungen wahrnehmen, ist bereits Teil dieses Feldes – untrennbar, selbstreferentiell, ohne externen Beobachter. Es gibt kein „Außen“, das dieses Feld validiert; es validiert sich nur Geistig in sich selbst, durch fortlaufende Selektion, Integration und Transformation.

Die operative Instanz – der individuelle und singuläre Geist – ist nicht bloßer Beobachter dieses Systems, sondern ein Operator des Systems selbst. Ihre Freiheit besteht nicht darin, beliebig zu wählen, sondern im Vermögen, inmitten der gegebenen Dynamiken bewusst zu regulieren, zu ordnen, zu verstärken oder abzuschwächen. Hier entscheidet sich, ob das Feld kohärent wird oder in destruktive Schleifen fällt.

Damit wird sichtbar: Die innere Immanenz ist nicht bloß psychologisch oder biologisch, sondern ontologisch. Sie ist der Prozess, in dem das Individuum sich selbst hervorbringt – immer schon in Relation, immer schon im Werden, nie abgeschlossen. Ihre „Wahrheit“ liegt nicht in äußerem Nachweis, sondern in der Selbstvollzugswirklichkeit: im gelebten Vollzug, im Erfahren, Analysieren, Orientieren, Interpretieren, Ausrichten des eigenen inneren Systems.

So erweist sich das Bewusstsein als der Ort des Übergangs: zwischen Gegebenheit und Phänomen, zwischen Innen und Außen, zwischen Niedrigem und Höherem. Es ist kein Besitz, sondern ein fortwährendes Geschehen, in dem das menschliche Dasein sich selbst zum ersten Mal erfährt – als Selbst-regulierender, Selbst-optimierender Mit-Schöpfer seiner begrenzten Wirklichkeit, als Resonanzraum für alles, was ist, und als Ort, an dem Welt und Selbst untrennbar zusammenfallen.